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Zur Person

Zu meinen Themen bin ich gekommen, weil ich in meiner Jugend gestottert habe.

 

Am Anfang hieß das nur: die Welt, meine Welt, ist nicht in Ordnung.

Irgendwann begann ich, nicht nur mit diesem Symptom zu kämpfen, sondern es anzunehmen, hineinzugehen.

In den seelischen, in den körperlichen Anteil der Stimme.

 

Für jemanden, der stottert, ist Singen ein Faszinosum, einfach, weil es funktioniert.

Scheinbar die gleichen Aktivitäten: Einatmen, ausatmen, artikulieren.

Der Unterkiefer, die Zunge, die Lippen ….

und doch verschiedene Welten.

 

Im Rahmen eines Lehramtstudiums habe ich begonnen, mich mit Gesang zu beschäftigen.

Ich hatte das Glück, bei Andrea Mellis zu studieren, die durch die Funktionale Gesangspädagogik von Eugene Rabine geprägt war, also sehr Feldenkrais-artig und prozessorientiert arbeitete.

 

Diese in die Tiefe gehende, humanistische Methodik beeindruckte mich ungemein; ich wusste, daß ich hier meine Themen gefunden hatte. Ich machte dann bei Mia Segal die Ausbildung zum Feldenkrais-Lehrer.

 

Später kam die Ausbildung zum Funktionalen Gesangslehrer am Institut von Eugene Rabine hinzu.

 

Ein anderer, prägender Einfluss waren die Schriften und die Arbeit von Heinrich Jacoby und Elsa Gindler (Sensory Awareness).

Der Feldenkrais-Methode verwandt, und doch noch einmal ganz anders.

 

 

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Wenn es Wirklichkeitssinn gibt, muß es auch Möglichkeitssinn geben

 

Wenn man gut durch geöffnete Türen kommen will, muß man die Tatsache achten, daß sie einen festen Rahmen haben: dieser Grundsatz … ist einfach eine Forderung des Wirklichkeitssinns. Wenn es aber Wirklichkeitssinn gibt, und niemand wird bezweifeln, daß er seine Daseinsberechtigung hat, dann muß es auch etwas geben, das man Möglichkeitssinn nennen kann.

Wer ihn besitzt, sagt beispielsweise nicht: Hier ist dies oder das geschehen, wird geschehen, muß geschehen; sondern er erfindet: Hier könnte, sollte oder müßte geschehn; und wenn man ihm von irgend etwas erklärt, daß es so sei, wie es sei, dann denkt er: Nun, es könnte wahrscheinlich auch anders sein. So ließe sich der Möglichkeitssinn geradezu als die Fähigkeit definieren, alles, was ebensogut sein könnte, zu denken und das, was ist, nicht wichtiger zu nehmen als das, was nicht ist. Man sieht, daß die Folgen solcher schöpferischen Anlage bemerkenswert sein können, und bedauerlicherweise lassen sie nicht selten das, was die Menschen bewundern, falsch erscheinen und das, was sie verbieten, als erlaubt oder wohl auch beides als gleichgültig. Solche Möglichkeitsmenschen leben, wie man sagt, in einem feineren Gespinst, in einem Gespinst von Dunst, Einbildung, Träumerei und Konjunktiven; Kindern, die diesen Hang haben, treibt man ihn nachdrücklich aus und nennt solche Menschen vor ihnen Phantasten, Träumer, Schwächlinge und Besserwisser oder Krittler.

Wenn man sie loben will, nennt man diese Narren auch Idealisten, aber offenbar ist mit alledem nur ihre schwache Spielart erfaßt, welche die Wirklichkeit nicht begreifen kann oder ihr wehleidig ausweicht, wo also das Fehlen des Wirklichkeitssinns wirklich einen Mangel bedeutet.


 

Robert Musil: Mann ohne Eigenschaften